Aber haben Sie es auch gelesen? – Mit diesen Sätzen lockt der japanische Comic Fausuto, Goethes Werk kennen zu lernen.
Faust auf der Bühne aufzuführen ist wegen der inhaltlichen Dichte, aber der losen dramatischen Konstruktion ein keineswegs leichtes Unterfangen. Welche Möglichkeiten bietet ein Comic? Nun, zum einen sind keine Grenzen gesetzt, was die optische Gestaltung, die Darstellung von Zauberei, Hexen und so fort angeht. Ein weiterer Vorteil bei der Umsetzung eines Dramas ist, daß man dabei nicht auf Text verzichten muß – von Bühnenanweisungen abgesehen, hat man den reinen Sprechtext, der sich, so sollte man meinen, gut mit einem Comic, das ebenfalls nahezu ohne erklärenden Text auskommt, verbinden läßt.
Doch bereits da stößt man auf die ersten Probleme. Ein Leser dieser Gattung erwartet Bilderwechsel, bei denen etwas passiert. Wie aber bringt man 127 Verse Monolog, in denen nicht viel mehr passiert, als daß ein Buch aufgeschlagen wird, auf eine Comicseite; wie den Osterspaziergang in eine Sprechblase?
Die Antwort ist: Man bringt es überhaupt nicht auf eine Comicseite oder in eine Sprechblase. Die Umsetzung von Goethes Faust als Comic ist von vornherein zum Scheitern verurteilt, möchte man sowohl den Faust als auch einen guten Comic dabei erhalten. Übrig bleibt also nur die Übertragung des inhaltlichen Geschehens.
Es ist nicht der fabelhafte Plot, der an Faust reizt. Eine Nacherzählung jeder Art, die sich allein am Handlungsgeschehen orientiert, muß nicht nur an Poesie, sondern auch an Ideengehalt einbüßen. Dennoch kann eine Nacherzählung als Einstieg in das Thema, das zumal für japanische Leser ein fremdes Land, fremde Traditionen und dazu eine weit entfernte Zeit behandelt, nicht schädlich sein.
Oder kann sie es doch? Der vorliegende Comicband der Firma Variety Art Works (als Autor ist infamerweise Goethe angegeben) legt dieses Urteil nahe. Alles, das einem japanischen Leser eigentlich hätte erklärt werden müssen, wurde statt dessen kurzerhand verändert oder ausgelassen, respektive, und das ist auch nicht besser, einfach unerklärt und unerklärlich belassen. Zudem passen bei Variety Art Works sowohl Faust I als auch Faust II in ein schmales Bändchen. Das Ergebnis ist, daß der japanische Leser zwar das Gefühl bekommt, nun zu wissen, was in Faust geschieht, tatsächlich aber nur ein, wo nicht verzerrtes, bestenfalls ungefähres Bild des Inhalts mitbekommt. Es ist zweifelhaft, ob damit das Interesse für die Lektüre des Originals aufkommt, noch zweifelhafter aber, ob das Original dann halten kann, was der Comic verspricht.
Im ersten Fall kommt die Enttäuschung sofort, im zweiten etwas später.
Na, da hast Du Dich ja wieder ordentlich aufgeregt. Es ging mal wieder nur um Geld.
Nun, ich würde es nicht für unmöglich halten, die Goethe-Version des Faust-Stoffes in Manga-Form zu verwandeln. Wenn es hier schief ging, ging es hier schief, aber für von “vornherein zum Scheitern verurteilt” würde ich es nicht gleich halten. Zum Thema Comic und Monolog fällt mir gerade die zeichnerische Umsetzung eines Monologs von Alan Moore durch Eddie Campbell ein, allerdings sähe das dann nach Manga übersetzt am Ende wahrscheinlich nicht mehr wie Mainstream-Manga aus, sondern so wie Gekiga-Manga. ^^
An Anna-II: Meinst Du, es ging darum, Geld zu verdienen?
An Captain-harlock:
Das wuerde ich gerne sehen! Allerdings glaube ich schon, dass der ganze Faust nicht umzusetzen ist. Als ein bebildertes Buch – sicher! Als Comic ist es eigentlich unmoeglich, wenn es sich nicht um eine Adaption handelt, sondern, wie hier ja vorgegeben, darum, das der Leser danach Goethes “Faust” gelesen hat.